Reduktion bedeutet nicht Vereinfachen – Refraiming

„Handlungsfähigkeit wird durch die Reduktion von Komplexität
erreicht“ stellt Gunther Schmidt fest. „Reduktion“ ist hier aber ein
irreführender Begriff, weil er fälschlicher Weise mit „Vereinfachung“
gleichgesetzt wird.

Hinnen & Hinnen schlagen vor, besser von Reframing zu
sprechen – und damit über die 3 Stufen Strukturierung, Sensualisierung und
Vermittlung
die gewünschten Sachverhalte und Informationen in neuen Kontexten
zu bearbeiten. Also die Arbeit, die es macht, Information auszusortieren,
gezielt und bewusst neu zu gestalten. (Hinnern & Hinnern, S. 8ff)

Der alltagssprachliche Begriff von Information wird meist
mit „Bedeutung“ gleichgesetzt, die wir darin erhoffen (Nørretranders,
S.67ff). Dass es dabei nicht die Menge der Information ist, die entscheidend
ist, ist uns Menschen eigentlich völlig selbstverständlich:
Der Wert einer Information oder einer Nachricht besteht in
der Arbeit, die zu wiederholen einem erspart bleibt.

Interessiert uns die Qualität, können wir Information also
nicht nach Länge/ Kürze bemessen. Wir müssen sie anhand ihres Wertes, ihrer
Tiefe beurteilen.

Komplexität zum Vierten

So definiert Charles Bennett von IBM: „Der Wert einer
Nachricht besteht im Umfang der (…) Arbeit, die von den Urhebern plausibel
ausgeführt worden ist und die zu wiederholen dem Empfänger erspart
bleibt.“ (Nørretranders, S.127). Denn „Komplexität ist nicht als
Länge einer Nachricht messbar, sondern als die Arbeit, die ihr vorausgegangen
ist.“ (Nørretranders, S.128), und wird als logische Tiefe in der
Informationstheorie bezeichnet.

„Der unaufhörliche Informations-Tsunami weckt in vielen von
uns den Wunsch nach Überschaubarkeit und beschleunigter Informationsaufnahme.
(…) Das Ergebnis solchen Denkens erhebt „Vereinfachen, vereinfachen“ zur
wichtigsten Kommunikationsregel“. (Hinnern & Hinnern, S.11f).

Aber es braucht aus verschiedensten Gründen weiterhin Tiefe
und Bedeutung: vor allem um weiterhin gute Entscheidungen auf Basis von
komplexen Informationsräumen zu treffen. Und nicht oberflächliche Einfachheit
mit einfachen Entscheidungen zu verwechseln.

In ihrem Buch „Refraim it“ bieten die Brüder Hinnen einen
Koffer an Methoden und einen klaren Weg, um über eine (Neu-) Gestaltung der
Rahmenbedingungen Informationen strukturiert aufzuarbeiten – also plausibel
auszuführen.

Basierend auf der ursprünglichen Definition von Paul
Watzlawick zum Refraiming schlagen sie vor, den Begriff des Refraiming
umfassender zu nutzen. Und damit auszudrücken, dass Informationen über eine
Strukturierungs-Technik aus 3 Stufen in 9 einzelnen Schritten so umgestaltet
werden, dass Perspektiven gewechselt und damit der Kontext aus verschiedenen
Brillen betrachtet wird – bevor die Information an die Zielgruppe verteilt
wird.

Die Stufen nach Hinnen & Hinnen:

Faciliation/ Verständlich machen:
sind Inhalte logisch, strukturiert, geben sie Sinn? Argumente
richtig strukturieren, schlüssig & verständlich machen. Ebenso
Qualitätsprüfung der Quellen. Klären & Straffen der Inhalte.

Sensualization/ Versinnlichen:
Von Hirn und Bewusstsein durch Reframing ins Verständnis
–möglichst mit allen Sinnen- bringen.

Mobilization/ zum Handeln leiten:
mittels Medien mobilisieren um das Publikum nicht nur zu
erreichen sondern auch zu bewegen.

Mit einer Strukturierung wie sie die Brüder Hinnen anbieten,
wandelt sich „Information“ und „Komplexität“ nun hin zu einem Ausdruck für den
Produktionsprozess. Es tritt jetzt die nötige Vorleistung, also die Arbeit
dazu, in den Fokus.

In einem Ergebnis (also einem Produkt, einer Präsentation
oder einer Dienstleistung) wird durch das Abschreiten der 3 Stufen sehr viel
Arbeit des Sortierens stecken, ohne dass dies „in Menge“ belastet. Es also
leicht und verständlich daherkommt – ohne simple „Vereinfachung“. Und stellt
damit erstmals sicher, dass die Komplexität weiterhin erhalten bleibt, um gute
– nicht einfache – Entscheidungen sichtbar zu machen.

„Es ist schwierig, die Dinge leicht aussehen zu lassen.
Klarheit erfordert Tiefe.“


(Nørretranders, S.130)

oder

„Es ist einfach. Aber sicher nicht leicht“

(Gunther Schmid)

Mehr zur Komplexität und der Kommunikation im Blog Tiefe und
Bedeutung – Komplexität zum Zweiten

Das Fazit heute

• Komplexe Sachverhalte darzustellen verursacht immer
Arbeit, immer Kosten. Eine solche Darstellung sollte nicht mit schnellem
Vereinfachen verwechselt werden.

• Dazu können wir moderne, systemische Tools und Techniken
nutzen, und erzeugen damit weniger Information, aber mehr Tiefe an Information,
die unser Zuhörer nicht aussortieren müssen. Aber handlungsfähig werden.

• Und wenn wir als drittes unsere Erkenntnisse teilen,
braucht der Andere sie nicht zu suchen. Wir bekommen ein gemeinsames Bild, wir
teilen Gedankenwelten ohne weitere Kosten zu erzeugen. Dies ermöglicht das
kompetente Surfen in Komplexität.

Literatur:

Hinnen, Andri und Gieri: Reframe it! Reframen statt
vereinfachen; 1. Auflage 2017; Murmann Publishers GmbH, Hamburg

Norretranders, Tor: Spüre die Welt. Die Wissenschaft des
Bewusstseins; 1. Auflage 1994; Rowohlt Verlag